Dienstag, 14. Juli 2015


PLATO e1ns - So einfach ist Engineering.

Donnerstag, 30. April 2015


Gepriesen seien das Internet und die Erfindung des Smartphones. Von dem Moment an, wo wir erlebt haben, welchen gigantischen Nutzen eine zentrale Datenhaltung haben kann, verlieren Desktoplösungen ihren Charme.

Mit dem Anspruch, mit dem wir FMEA betreiben, muss diese Methode zwingend durch eine Anwendung unterstützt werden, die dem Anwender aktiv hilft, alle System-Zusammenhänge einfach und übersichtlich zu erfassen und zu vernetzen.

Wir alle wissen es genau: die FMEA ist nicht allein im Entwicklungsprozess. Da sie eine zentrale Rolle in der System-Modellierung spielt, kann sie nur als Team-Player erfolgreich sein. Sie muss ihre methodische und teilweise monolithische Komfortzone verlassen!
Hier kommen meine Gründe.

Appisierung als Vorbild
Mit der „Appisierung“ unserer Daten-Welt erfahren wir täglich, wie einfach die von uns genutzten Apps ineinandergreifen und miteinander werkeln, ohne dass wir uns groß dafür anstrengen müssen.

Neue Generation von Ingenieuren
Die Generation, die mit diesen Technologien aufgewachsen ist und selbstverständlich Web-Applikationen nutzt, nimmt immer mehr das Ruder in die Hand. Sie hat kein Verständnis für vereinzelte und nicht zusammenhängende Anwendungen.

Vernetztes Leben
Unser Leben wird täglich immer vernetzter. Es wird unwichtiger, wo jemand arbeitet oder wo die Daten liegen. Was wir brauchen, ist ein Zugang zum Internet. Schon können wir loslegen. So verrichten wir unsere Aufgaben immer unabhängiger von Raum, Zeit und „IT-Systemen“. Zusammenarbeit mittels sicherer Web-Applikationen erscheint uns eine natürliche Weise der Arbeit zu sein.

Nobody Ever Gets Credit for Fixing Problems that Never Happened
Dies ist der Titel eines Aufsatzes von Nelson P. Repenning und John D. Sterman aus dem Jahr 2001 (http://web.mit.edu/nelsonr/www/CMR_Getting_Quality_v1.0.html). In dem Artikel untersuchen die beiden MIT-Forscher mittels System-Dynamics, warum Prävention und Verbesserung generell ein sehr schwieriges Geschäft sind. Das folgende Schaubild soll das verdeutlichen:

Bild1: Aus Repenning / Sterman (Figure 5)

Hier wird visualisiert, wie die „Work Harder“ Schleife in Konkurrenz steht mit „Work Smarter“. Entscheidend ist der Punkt „Delay“, links oben im Schaubild. Dieses ist die Hürde, die jeder nehmen muss, wenn er Verbesserung bewirken will. Das folgende Schaubild zeigt die entsprechende Resonanz des Systems auf die unterschiedlichen Verhaltensweisen und Strategien:


Bild2: Aus Repenning / Sterman (Figure 6)

Was hat das mit der FMEA zu tun? Einerseits ist die FMEA direkt betroffen, da sie Fehler jagt, bevor sie aufgetreten sind. Wer FMEA anwendet, muss erst einmal Ressourcen aus der Working-Harder-Schleife abziehen … die Performanz geht scheinbar runter. Erst die Zeit wird die Früchte der Verbesserung reifen lassen, kurzfristige Erfolge sind meist rar.

Gleichzeitig scheint mir die FMEA selbst in der Working-Harder-Schleife gefangen zu sein. Noch mehr des Gleichen, noch mehr methodische Befrachtung der FMEA sollen zu besseren Ergebnissen führen. Das Königsdenken der einzelnen Disziplinen (nicht nur der FMEA) hat Vereinzelung zur Folge und beschneidet die Fähigkeiten des Gesamt-Systems.

Working smarter
Ich habe einen Traum. Für die FMEA sehe ich darin, dass sie über das Intra- oder Internet vernetzt ist mit der System-Modellierung, mit der Anforderungsanalyse, der Funktionalen Sicherheit und der Verifikation auf unterschiedlichen Ebenen, mit den Fertigungsprozessen und dem Feedback aus dem Feld. Alles das sind Web-Apps, die sich untereinander wohlgeordnet unterhalten und vernetzen können. Alles geht ein in einen gemeinsamen, verteilten Wissensspeicher (Semantisches Netz) und kann für alle Teilnehmer im Entwicklungsprozess genutzt werden. Dann ist die FMEA angekommen in unserem, dem 21ten Jahrhundert. Vorher aber muss sie ihre Insel und Komfortzone verlassen.

Ihr Marcus Schorn

Dienstag, 17. Februar 2015



erschienen in der QZ-Ausgabe 2/2015 des Hanser Verlages, http://bit.ly/1CDSpY1 -


Intelligente Entscheidungen mittels Methoden-Framework

Emergenz kann aus der intelligenten Vernetzung von einfachen Verhaltensmustern entstehen. Haushaltsroboter zeigen schon heute, wie wenige einfache Verhaltensmuster in der Summe ein komplexes Handeln ermöglichen. Ein Methoden-Framework bietet für ein Unternehmen ein ähnliches Potenzial, wenn es um die Nutzung erweiterter Intelligenz und eine sichere Zukunftsgestaltung geht.

Wahrheit und Wirklichkeit sind relative Begriffe. Wir können daher davon ausgehen, dass unsere erlebte Wirklichkeit ein Konstrukt ist, das Menschen durch Verhalten und Kognition gemeinschaftlich herstellen. Das "Diskurs-Unternehmen" trägt dem Rechnung, indem unterschiedliche Wirklichkeitskonstruktionen etwa auf den Märkten in die Geschäftsstrategie einfließen. Wie aber kann das gewaltige Potenzial eines Methoden-Frameworks realisiert werden?
Ein solches Framework sorgt dafür, dass unterschiedliche Methoden zur richtigen Zeit, in der richtigen Zusammenstellung sowohl Wirklichkeit konstruieren (in Form von Markt, Innovation und Zuverlässigkeit) als auch überprüfen, ob dieses Konstrukt anschlussfähig an andere Wirklichkeitskonstrukte ist. So wurde lange bezweifelt, ob regenerative Energieerzeugung die traditionellen Kraftwerke ersetzen oder wenigstens unterstützen könne. Erst mit dem radikalen Ausstieg aus der Atomenergie werden neue Wege der Energieerzeugung notgedrungen beschritten.


Bild 1. Mit einer sinnvollen Verknüpfung von etablierten Methoden kann die Qualität und der Markterfolg neuer Produkte dramatisch verbessert werden (Quelle: Johnson Controls).


Wie aber kann man sich diesen dialektischen Prozess vorstellen? Im Rahmen einer Studie von Roland Berger wurde Folgendes festgestellt:

  • Erfolgreiche Unternehmen wenden mehrere Methoden bei der Produktentwicklung an und nutzen diese intensiv.
  • Erfolgreiche Unternehmen wählen die richtigen Methoden zur rechten Zeit aus.
  • Erfolgreiche Unternehmen kombinieren verschiedene Methoden aus Forschung und Entwicklung, Marktforschung, Vertrieb, Qualitätsmanagement, Logistik und Projektmanagement.
Entscheidend ist also der Methoden-Mix. Kreativitätsmethoden wie Brain Writing, QFD, das Planen von Milestones und Quality Gates, Architektur-Entwicklung, FMEA und Target Costing decken unterschiedliche Kompetenzen in der Wirklichkeitskonstruktion ab. Die Dialektik ergibt sich aus dem Wechsel von wirklichkeitskreierenden Methoden mit Methoden, die überprüfen, wie anschlussfähig und zielführend eine Kreation beziehungsweise der Prozess der Umsetzung ist.
Zu einem ähnlichen Fazit kommt die Engineering-Studie der Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung: "Methodisch unterstützt zu arbeiten bringt Vorteile und Verbesserungen für den Ablauf und die Ergebnisse von Engineering-Aufgaben. Mit den klassischen Engineering-Methoden bieten sich in verschiedensten Branchen langjährig erprobte und erfolgreiche Vorgehensweisen für die Durchführung der notwendigen Engineering-Aufgaben an. Eine Verknüpfung verschiedener Methoden erfordert als Voraussetzung (jedoch) gemeinsame standardisierte Basisdaten, womit auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Fachdisziplinen verbessert wird."

 

Entwickeln für eine ungewisse Zukunft

Ein Beispiel für die erfolgreiche Integration verschiedener Entwicklungsmethoden liefert der Autozulieferer Johnson Controls. In mehr als 120 Werken werden weltweit und just in time komplette Sitzsysteme hergestellt. Das bietet einzigartige Größenvorteile und Entwicklungskompetenzen in den Bereichen Sicherheit, Komfort, Qualität, Leistungsgarantien, Qualitätsanmutung, Innovation und Design. Die Aufgabe der Methodenintegration wurde an das Risikomanagement herangetragen, um mit einer nachhaltigen Verknüpfung und Durchgängigkeit von Engineering-, Quality- und Manufacturing-Methoden die Grundlage für eine herausragend leistungsfähige Organisation zu schaffen. Der weltweite Prozess zur Methodenintegration wird "Quality Chain" genannt (Bild 1).
Dies ist die erste Ausbaustufe, die aktuell um Methoden für Änderungsmanagement und Lessons Learned erweitert wird. Seitens der Konzernzentrale werden weltweit Wissensbausteine zur Verfügung gestellt, die in den Werken zur Anwendung kommen. Dabei wird bei jedem neuen Projekt genau analysiert, welche Auswirkungen die Änderungen für eine spezielle Applikation auf das Produktdesign, die Stabilität und die Sicherheit haben.
So soll sichergestellt werden, dass sich bei Variantenentwicklungen die geringe Entwicklungskapazität hauptsächlich um Änderungen kümmert, die für das neue Produkt entscheidend sind. Gleichzeitig werden alle Verbesserungen, Problembehebungen und Korrekturmaßnahmen an die Zentrale zurückgemeldet, wo entschieden wird, ob sie in den Erfahrungsschatz der weltweiten Werke eingehen oder nicht.
Durch diese Standardisierung von Best-in-Class-Produkten und -Prozessen verfügt Johnson Controls über marktführende Technologien, eine hohe Kapazitätsauslastung und erzielt eine hohe Produktivität. Dies führte dazu, dass sich das Unternehmen in den hart umkämpften globalen Märkten herausragend gut behauptet hat.

 

Im Bann der Postmoderne

Wenn nichts mehr via Tradition, vermeintlich gesichertes Wissen und andere Automatismen festliegt, wenn alles so und auch anders möglich ist, wird das als Kontingenz bezeichnet. Im Westen ist dies ein Ausdruck von Freiheit, vom Ausbruch aus religiöser, traditioneller und feudaler Enge. Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann nannte Kontingenz das "Midas-Gold der Moderne". Wenn Tradition und Konvention nicht vorgeben, was zu tun ist, stecken wir in der Falle des Immer-wieder-entscheiden-Müssens. Tatsächlich müssen wir heute unsere (Um-)Welt und uns selbst immer neu erfinden – der Fluch der Postmoderne!
Wie aber soll man unter der Bedingung ständiger Veränderung richtig handeln? Aus unternehmerischer Perspektive kann die Antwort lauten: Das Diskurs-Unternehmen verschafft sich einen Vorteil, indem es einen Organisationsrahmen einrichtet, in dem Entscheidungen durch ein vernetztes und methodisches Vorgehen abgesichert sind. So kann das Management helfen, die vielfältigen Kompetenzen zu stärken, die im steten Fluss von unterschiedlichen und konkurrierenden Wirklichkeitskonstruktionen notwendig sind. Auf diese Weise können mutige und richtige Entscheidungen hergeleitet und getragen werden.
Dies ist aber kein hohler Mut à la Neuer Markt um 2000, sondern gründlich unterfüttert durch vielfältige Methoden-Kompetenzen und -Anwendungen. Dieser kühle Mut versetzt eine Unternehmensführung in die Lage, sich aus bestehenden Marktblockaden zu befreien, Neues zu schaffen und trotz gewagter Innovationssprünge erfolgreich zu bleiben.

Diskutieren Sie mit mir!
Was denken Sie? Wie sichern Sie Innovationen? Wie werden Innovationsentscheidungen bei Ihnen getroffen? Verfügt Ihre Organisation über Methoden zur Absicherung von Entscheidungen?

Ihr Marcus Schorn

Dienstag, 20. Januar 2015


"Gedankenlesen bezeichnet in der Psychologie das Eruieren oder Interpretieren von Gedankengängen des Gegenübers anhand von Augenbewegungen, Gestik, Mimik, sprachlicher Ausdrucksweise oder dem Aussehen sowie mittels Fragetechnik oder Suggestionen.

Das Ziel des Gedankenlesens ist es, an eine Information zu gelangen, die vom Gegenüber gedacht, aber nicht in Worten ausgesprochen wurde." (Wikipedia Artikel zum Gedankenlesen http://de.wikipedia.org/wiki/Gedankenlesen)

Die Gedanken Ihrer Ingenieure zu lesen, kann eine Lebensaufgabe bedeuten. Wir haben die Abkürzung genommen und bei „Continuous Engineering for Dummies“ von Cathleen Shamieh nachgelesen. Die folgenden Zeilen sind an diesen Text angelehnt.

Denken Sie, Ihre mechanischen, elektrischen und Software-Ingenieure arbeiten gerne in den traditionellen „Silos der Entwicklung“? Haben Sie jemals gehört, wie sie murren, dass sie rund 30 Prozent ihrer Zeit mit der Suche nach Informationen verbringen, obwohl sie stattdessen viel lieber an den wirklich coolen Dingen entwickeln wollen? Oder dass sie sich gar nicht freuen, etwas zu ändern, weil sie sich vor teuren Fehlern und den Konsequenzen fürchten?

Wenn Sie Ihre Ingenieure fragen, was sie wirklich wollen, würden sie wahrscheinlich sagen, dass sie in die Lage versetzt werden wollen, nahtlos zu denken und zu arbeiten, ohne ständig anhalten zu müssen, um herauszufinden, wer die Information, die sie benötigen, gerade hat, was die neuesten Anforderungen sind, oder wie ein anderer Teil des Designs mit dem System, das sie gerade entwerfen, zusammenspielt. Sie wollen einen sehr einfachen Zugang zu allen Konstruktionsdaten und Artefakten über den gesamten Entwicklungsprozess, so dass sie schlicht Ihren Job ohne ständige Unterbrechung tun können (gut, mit Ausnahme einer gelegentlichen Kaffeepause). Fragmentierte Informationen und eine ständige Unterbrechung der Arbeitsabläufe sind der Fluch der Existenz eines jeden Ingenieurs.

Wenn Sie irgendeine Hoffnung haben, mit den Veränderungen auf dem Markt mitzuhalten, werden Sie Ihren Ingenieuren möglicherweise ihre Wünsche erfüllen. Weil Ihr System sogar der Teil eines größeren „System-of-System“ sein kann, wo Entwicklungsteams aus mehreren (oder sogar hunderten) von
Unternehmen zusammen arbeiten, benötigen Sie ein offenes Netzwerk, das Werkzeuge einer Vielzahl von Aufgaben integriert und gleichzeitig eine verknüpfte Datenarchitektur bietet, die die gemeinsame Nutzung von Daten erleichtert.

Durch den offenen, integrierten System-Ansatz, den die Software-Lösung PLATO e1ns in der Produktentwicklung bietet, geben Sie Ihren Teams die Fähigkeit

  • Durchgehend auf alle Engineering-Informationen zugreifen zu können 
  • Durchgehend alle Einflüsse ihrer Engineering-Entscheidungen auf andere Disziplinen zu überblicken 
  • Durchgehend robuste Ergebnisse zu erzielen, indem sie auf freigegebene, abgeschlossene und erprobte (oder funktionierende) Entwicklungen zurückgreifen können. 
Diskutieren Sie mit mir! Welche Erfahrungen haben Sie und welche Hindernissen haben Ihre Ingenieure zu bewältigen? Oder sind Sie ein Ingenieur? Wie wird bei Ihnen ein reibungsloser Austausch an Informationen gewährleistet?

Ihr Marcus Schorn

    Dienstag, 4. November 2014






    Emergenz als Erfolgsprinzip


    erschienen in der QZ-Ausgabe 11/2014 des Hanser Verlages, http://bit.ly/1A9JhPb







    Geht es um die Kundenwahrnehmung, so betreten Unternehmen häufig Terra incognita. Bei Neuentwicklungen können sie bestenfalls über aufwendige Marktforschung erkunden, ob ein neues Produkt Chancen im Markt hat. Erfolgreiche Unternehmen hingegen schaffen für die Abschätzung der schwer vorhersagbaren Empfindungen ihrer Kunden und anderer Stakeholder ein Methoden-Framework.






    Marcus Schorn ist Gründer und Entwicklungsvorstand des Softwareunternehmens PLATO AG, Lübeck. Er studierte Informatik an der Universität Hamburg mit Schwerpunkt künstliche Intelligenz. Ferner bildete er sich weiter zum Coach und Psychotherapeuten und gestaltet seit über zehn Jahren industrielle Arbeitskreise zum Thema Organisationsentwicklung. Hierbei bewegen sich die Diskussionen in den Spannungsfeldern: Strategie und Qualität, Philosophie und Werte, Technologie und Mensch.



    Ein Framework stellt für Unternehmen eine wiederverwendbare, gemeinsame Struktur für die Methodenanwendung zur Verfügung – eben einen Rahmen. Dieser kann an die spezifischen Belange und Anforderungen eines Unternehmens angepasst werden. Das methodische Vorgehen innerhalb des Frameworks führt dazu, dass Wissen aus den Ergebnissen der Methodenanwendung aus unterschiedlichen Bereichen zu einer Vernetzung gelangt. Dieses vernetzte Wissen repräsentiert eine erweiterte Intelligenz und ist tatsächlich aktuell. Es entspricht dem tatsächlich wahrgenommenen Realitätsausschnitt und ist nicht rückblickend erhoben. Das dahinterliegende Prinzip mag ein Beispiel aus unserem technisierten Alltag beleuchten:
    Seit einiger Zeit haben wir einen neuen Familienangehörigen. "Robbie" wird er liebevoll von uns genannt. Robbie ist ein Haushaltsroboter und hilft uns dabei, unsere Fußböden schmutz- und staubfrei zu halten. Mit unserem Robbie verbindet mich der Mitbegründer des Unternehmens iRobot, das Robbie produziert hat: Rodney A. Brooks.
    Rodney A. Brooks und seine Philosophie lernte ich in den frühen 90er-Jahren kennen. Wenn ich sehe, wie Robbie sich im Raum bewegt, dann zeigt er deutlich, welchem Geist er entsprungen ist. Am Anfang fährt er in spiralförmigen Bahnen über den Boden, bis er auf einen Gegenstand stößt. Diesem weicht er aus und beginnt nun ein anderes Verhaltensmuster, beispielsweise den Raum in diagonalen oder parallelen Bahnen zu durchfahren. Erkennt Robbie, dass er eine Wand erreicht hat, folgt er dieser mit wippenden Bewegungen möglichst lange.

    Warum in Echtzeit reagieren?

    Hier wurde eine Idee aus der Forschung zu künstlicher Intelligenz realisiert: die Subsumption Architecture, die Wikipedia folgendermaßen beschreibt:
    "Rodney Brooks‘ Ansatz zum Bau von Robotern, die sich in veränderlichen Umgebungen flexibel bewegen können, liegt in der Teilung des Verhaltensrepertoires in viele parallel berechnete Verhaltensmuster, von denen das jeweils adäquate automatisch ausgewählt wird. Anstatt in serieller Art und Weise verschiedene Berechnungsblöcke in Reihe zu schalten (Wahrnehmung, Kognition, Handlung), konstruiert der Roboter keine Repräsentation seiner Umgebung, sondern handelt direkt nach seinen Sensordaten.
    Für jedes Verhaltensmuster ist jeweils nur ein Bruchteil der eingehenden Sensordaten relevant, was die Berechnung stark vereinfacht. Die Auswahl des tatsächlich ausgeführten Verhaltens ist durch die Sensordaten bestimmt, wobei nicht zwischen Selbstwahrnehmung (zum Beispiel Batteriestatus) und Wahrnehmung der Welt unterschieden wird. Erreicht ein Verhaltensmuster seine Aktivierungsschwelle, unterdrückt es die Ausführung aller anderen Verhaltensmuster. Eine solche Architektur erlaubt Reaktionen in Echtzeit, ist allerdings nicht lernfähig."
    Robbie entwickelt also keine Vorstellung von dem Raum, den er durchläuft, und er könnte auch nichts über seine Prinzipien von Sauberkeit oder seine Methode zu deren Herstellung sagen. Dennoch ist er in der Lage, eine einigermaßen komplexe Aufgabe zuverlässig und relativ effizient zu lösen. Seinen Lösungsansatz hatte sich Rodney A. Brooks in den späten 80er-Jahren von der Natur abgeschaut, nämlich dem Ameisenstaat.
    Das Gehirn einer Ameise weist bei Weitem nicht genug Kapazität auf, um darin Baupläne, Angriffsstrategien oder Statik-Modelle zu speichern, geschweige denn entwickeln zu können. Trotzdem ist ein Ameisenstaat in der Lage, sehr komplexe Handlungen zu vollziehen. So können Ameisen gemeinsam Brücken bauen, groß angelegte Feldzüge unternehmen und Staatsformen mit komplexer Arbeitsteilung organisieren.

    Wie entsteht Emergenz?

    Diese Fähigkeit nennt man Emergenz, das Entstehen von komplexen Handlungen auf der Basis sehr einfacher Verhaltensmuster. Ein einzelner Beteiligter (oder eine Ameise) könnte nicht erklären, wie das komplexe Gruppenverhalten entstanden ist. Bei Robbie sind es unterschiedliche Verhaltensmuster und Methoden, die auf das jeweils Erlebte und Wahrgenommene reagieren. Es handelt sich hierbei um ein einfaches Framework von Verhaltensweisen, das sich nach sehr einfachen Regeln an die Umwelt anpasst. Es bringt das Verhalten "Entferne möglichst allen Schmutz von Böden der Räume, in denen Du dich bewegst" hervor – ein klassisches Beispiel für Emergenz. Aus einfachen Regeln entstehen komplexe Verhaltensmuster, die Summe ist damit mehr als die Einzelteile.
    Dieses Potenzial zu aktivieren heißt, echten und großen Mehrwert zu generieren. Das gelingt umso besser, wenn man es schafft, dass das Zusammenspiel der einzelnen Methoden noch lernfähig ist. Damit könnte man Emergenz auf einer wesentlich höheren Ebene erreichen. Und damit kann ein Unternehmen sogar unter der Bedingung schwer prognostizierbarer und sich rasch wandelnder Märkte erfolgreich sein.

    Wie sehen Sie die Lernfähigkeit beim Zusammenspiel der einzelnen Methoden? Wie reagieren Sie auf die Rückmeldungen vom Markt? Und wie gestalten Sie Innovationen? Diskutieren Sie mit uns! Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.
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